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Chronik des MRV

Stand die Wiege des deutschen Rudersports in Hamburg, als sich dort ansässige englische Kaufleute zusammenschlossen um ihrem Lieblingssport auch auf dem Kontinent nachzugehen, war der Mainzer Winterhafen Geburtsstätte der ruderischen Betätigung der Mainzer Jugend. Ein holländischer Schiffer etablierte sich dort als Bootsverleiher und vermietete sein Boot stundenweise gegen Gebühr.

Im Gasthaus „Zur Sonne“ lernte Fritz Weygand, ein von Rotterdam nach Mainz zurück gekehrtes Mitglied des dortigen Turn- und Rudervereins das Gründungsmitglied des Mannheimer RV Amicitia, Martin Oberdhan kennen. Man kam ins Gespräch und beschloss auch in Mainz einen Ruderverein zu gründen.

Noch im gleichen Jahr mietet der MRV von der Stadt Mainz ein Gelände am oberen Ende des Winterhafens um dort eines Tages ein Bootshaus zu errichten. Bis dahin residierte der junge Verein in schwimmenden Bootshäusern im Winterhafen. Schon ein Jahr später konnte man in Frankfurt den ersten Regattasieg feiern. Mit dem Engagement englischer Trainer wie Charles Brightwell begann bald der sportliche Aufstieg in allerhöchste deutsche Leistungsklassen. Kaiserpreise in Berlin, Hamburg und Frankfurt – gleichzusetzen mit den damals noch nicht existierenden Deutschen Meisterschaften – waren Ausdruck des Leistungsvermögens der Mainzer Ruderer. Dabei fanden sich mit Kaiser Wilhelm II., ein ausgewiesener Anhänger des Rudersports und dem Großherzog von Hessen-Darmstadt namhafte Unterstützer des MRV. Der eine ermöglichte durch Einflussnahme auf die Militärbehörden den Bau des Bootshauses und gehörte zu den vielen Gratulanten, wenn der MRV wieder einmal einen der vom Kaiser selbst gestifteten Preise gewinnen konnte, der andere war persönliches Mitglied, fungierte als Protektor und war mehrfach Besucher im MRV-Bootshaus und auf der Mainzer Regatta.

Bis zum Ausbruch des ersten Weltkriegs arbeitet sich der MRV an die Spitze des Deutschen Ruderverbandes: Er war der nach Anzahl der Siege der erfolgreichste Verein, er erkämpfte die meisten Deutschen Meistertitel – der Ausspruch „Achter, Vierer, Einser – alles für die Mainzer“ verbreitete sich schnell bis zur Provokation – und der Achter des MRV holte 1913 die erste deutsche Europameisterschaft.

Die dominante Rolle des MRV im Deutschen Ruderverband hielt sich nach dem Krieg was die Mitgliedergröße und die Anzahl der Siege anbelangte, aber es gelang bis 1939 nicht eine weitere Deutsche Meisterschaft zu erringen. Zum 50-jährigen Jubiläum 1928 eröffnete man im Hinblick auf die Olympischen Spiele in Amsterdam die größte und modernste Ruderbeckenanlage Deutschlands, nur das sportliche Ziel, die Teilnahme an den Spielen misslang. Ebenso wie 1936, als man sich mit Ruderern aus Kastel zusammen in ein Boot setzte um als Vertreter Deutschlands in Berlin an den Start gehen zu können.

1933 schloss sich die Mainzer Damen-Rudervereinigung dem MRV an. Somit waren endlich auch die weiblichen Mitglieder im MRV nicht mehr nur unterstützende sondern auch aktive Mitglieder. Mit der Zerstörung des schönen Fachwerk-Bootshauses und aller seiner Boote und Einrichtungen sowie der Versenkung beider Bootshäuser im Winterhafen lag der MRV wie viele andere Vereine 1945 am Boden. Bereits drei Jahre später beteiligte man sich wieder an einer Regatta. Die eigene, große Mainzer Regatta konnte schon 1949 wieder Teilnehmer im Floßhafen begrüßen und zum 75. Jubiläum 1953 wurde das wiederaufgebaute Bootshaus eingeweiht.

Zum Deutschen Meisterschaftsrudern im Mainzer Floßhafen 1951 fanden zigtausende Zuschauer den Weg zu den Tribünen. Vor heimischem Publikum gewann der Leichtgewichtsvierer des MRV obendrein die Goldmedaille. Die Fünfziger und Sechziger Jahre waren geprägt durch eine weitere Phase herausragender sportlicher Erfolge. In den Leichtgewichts-Bootsklassen Einer, Vierer und Achter gewannen die MRV-Ruderer insgesamt neun Meistertitel, zuletzt 1966 Eckart Wieske im Einer. Das letzte Deutsche Meisterschaftsrudern in Mainz 1962 sah auch nochmals einen MRV-Achter auf dem Siegersteg.

Der Trend zur Bildung von Renngemeinschaften mit anderen Vereinen machte in den Siebzigern auch vor dem MRV nicht halt. Als Bundesstützpunkt hatte er sogar die Aufgabe Mannschaften in Richtung Weltmeisterschaften zu bilden. Höhepunkt war hierbei die Vizeweltmeisterschaft des „Meenzer Deutschlandachters“ 1978 in Neuseeland. Vier MRV-Ruderer machten im Jubiläumsjahr ihrem Verein zum 100.Geburtstag das schönste Geschenk. Einer aus diesem Quartett, Diethelm Maxrath, übernahm später die Trainingsleitung und baute den Leistungssport im MRV komplett neu auf.

Erste große Erfolge gelangen dabei Ende der Achtziger Jahre als Martin Steffes-Mies den Sprung in den Deutschlandachter schaffte und dem Verein bis dahin ungekannte Erfolge bescherte. Viermal wurde er Weltmeister im Achter, mehrfacher Deutscher Meister, Sieger im „Wimbledon des Ruderns“ – der Luzerner Regatta, erster Sieger des MRV auf der traditionsreichen „Royal Regatta Henley“ sind nur die Eckpunkte seiner Karriere. Doch hatte der MRV-Star seinen Trainingsmittelpunkt im Leistungszentrum Dortmund – dem Heimathafen des Deutschlandachters, so baute Diethelm Maxrath in Mainz eine Trainingszelle für Leichtgewichtsskuller auf, die für die sportlich erfolgreichste Phase des MRV sorgte.

Der Mainzer Doppelvierer – ein Begriff aus den Neunziger Jahren. Insgesamt holten Leichtgewichtsruderer des MRV im Zeitraum 1991-2002 bei Weltmeisterschaften 4 Gold, 5 Silber und 4 Bronzemedaillen und 19 Deutsche Meistertitel nach Mainz. Nach einer Unterbrechung von 3 Jahren, in denen Diethelm Maxrath als Nationaltrainer in Kanada tätig war, blickt der MRV – nun als Landesleistungszentrum Rheinland-Pfalz erwartungsvoll Richtung Athen. Man möchte hier mit möglicherweise bis zu drei Ruderern teilnehmen und endlich etwas gewinnen, was im großen Preisschatz des MRV noch fehlt und in fünf Anläufen noch nicht gelang: Eine Olympische Medaille.

Axel Lang, Kurzchronik zum 125. Jubiläum 2003